EIGENPRODUKTION

ASTORIA

von Jura Soyfer

Ein Landstreicher Kilian Hupka erfindet den Staat ASTORIA, den eine amerikanische Gräfin dem Gatten zum Geburtstag schenken will. Dass dieser Staat nicht real existiert, stört bald niemanden mehr: ASTORIA besitzt zwar kein Land, aber dafür gibt es dort auch keine Arbeitslosen, keine Kriminalität, kein Unglück…und wird so zum Ort der Sehnsucht für die Armen und Heimatlosen.

Jetzt wird es für Hupka eng: durch rigide Einreisebestimmungen muss die Flut der Visaanträge gestoppt werden. Denn Geschäfte kann man auch mit einem fiktiven Staat machen. Und die Heimat? Hat die irgendetwas mit Staat zu tun?
Jura Soyfer, 1939 im KZ Buchenwald gestorben, war ein großes Talent der österreichischen Literatur. In bester Volkstheatertradition schuf er, an Karl Kraus geschult, mit Astoria sein vielschichtigstes Kabarettstück. Mit dieser Neuinszenierung vor 10 Jahren war das Stück zuletzt in Wien zu sehen leistet das Theater SPIELRAUM auf seine Weise einen Beitrag zum „Gedenkjahr 2005“ und den geplanten Feierlichkeiten.

Kritik

www.events.at franco schedl
Ein Volk ohne Raum ist ? abgesehen von den eingesparten Raumpflegekosten – schon grimmig genug. Was soll man aber dann zu einem Staat ohne Bürger und ohne Territorium sagen? Woraus sich Londoner Gesandtschaftsangestellte in den 30er Jahren einen Jux gemacht hatten, daraus schuf Jura Soyfer mit seinem schonungslosen Blick fürs Zeitgeschehen ein tragikomisches Kabarettstück, das sicherlich zu seinen besten Werken zählt und eine gekonnte Weiterführung der Linie Nestroy???Brecht darstellt. Das vom Vagabunden Hupka ins Leben gerufene Phantasiereich Astoria dient allen Entrechteten und Unterprivilegierten zur Projektionsfläche ihrer Sehnsüchte: doch das arkadische Utopia wird durch den Geschäftssinn der Ausbeuter rasch zum grausigen Austria verunstaltet und der Vagabund, dem diese Entwicklung zuwider ist, findet sich mit seinen zwei Kollegen erneut am Ausgangspunkt – der Landstraße. Ein Theatervolk ohne Spielraum ist hingegen schwerlich denkbar: und so beherbergt derzeit die Bühne in der Kaiserstraße einmal mehr den gern gesehenen Gast Soyfer. In dieser aufwändigen Produktion macht Theaterleiter und Regisseur Gerhard Werdeker dem Namen des Hauses alle Ehre: er regt durch seine Inszenierung zu vielerlei Überlegungen über die Begriffe „Staat, Land, Heimat" an, die sich im Gedenkjahr 2005 eigentlich ohnehin aufdrängen sollten (aber da nur ein geringer Teil der österreichischen Bevölkerung überhaupt in der Lage ist, anzugeben, welche Jubiläen wir heuer feiern, verweist eine solche Gedankenarbeit auch ins Reich der Utopie). Das szenenreiche Stück konnte dank Bühnenbildner Robert Notsch geschickt für ein kleineres Theater adaptiert werden: seine vielseitig einseh? und allseitig aufklappbare Guckkastenbühne ermöglicht äußerste Mobilität; und eine sehr reale Projektionsfläche bebildert am Bühnenhimmel den Gang des Geschehens. Auch die Fülle der Figuren wurde durch Doppel? oder Tripelrollen der meisten Darsteller gebändigt, was der Wirkung aber durchaus keinen Abbruch tut. Sogar Werdeker selbst durfte als Lichtkassier einige Sätze sprechen und es liegt natürlich ein besonderer Witz darin, dass sich ausgerechnet der Schöpfer des Ganzen zu einem „Es werde finster!" versteigt.
Zyklus Utopie und Gesellschaft III

Termine

21. April 2005 (Premiere)
22. Apri bis 28. Mai 2005, Dienstag bis Samstag 20h

Schauspiel

Peter Dutz
Tristan Jorde
Leila Müller
Hertha Pachl
Peter Pausz
Stefan Pohl
Christian Rajchl
Sara Zangeneh

Produktion

Inszenierung:
Gerhard Werdeker
Bühne/Video:
Robert Notsch
Kostüm:
Martina Berger
Musik:
Charly Horky (= Karl Horky)